Funktion und normative Integration von Fehlerstromschutzschaltern
 

Ein Fehlerstromschutzschalter oder kurz „FI-Schutzschalter“, RCD „Residual Current Protective Device“ – auf Englisch, ist ein Differenzstromschutzschalter. Wie der Name bereits verraten lässt, dient dieser zum Schutz von Personen vor Differenzströmen (Fehlerströmen), demnach entgleisende Ströme, welche nicht über den Neutralleiter zur Energiequelle zurückgeführt werden.

 

Aufbau und Funktion

Der allgemeine Aufbau sowie die Funktion eines Fehlerstromschutzschalters sind einfach zu beschreiben. Alle aktiven Leiter ((bei einem 2-poligen Fehlerstromschutzschalter sind es der „L“ und „N“), (bei einem 4-poligen Fehlerstromschutzschalter sind es „L1“, „L2“, „L3“ sowie „N“)) führen durch einen Stromwandler. Dieser Stromwandler fungiert als Summenstromwandler. Fließt nun zu dem angeschlossenen, aktiven Verbraucher ein Strom, wird dieser über den Neutralleiter vom Verbraucher zurück zur Energiequelle gesendet. Jeder einzelne Leiter erzeugt im Summenstromwandler ein Magnetfeld. Sind die Ströme welche über die aktiven Leiter „L“, oder „L1“, „L2“ und „L3“ zum Verbraucher fließen – gleich groß, wie die Ströme welche vom Verbraucher zurück über den Neutralleiter „N“ fließen, - hebt sich gemäß dem 1. Kirchhoffschen Gesetz der Magnetfluss auf. Dies wird als ungestörter Betrieb bezeichnet.

 

 

Tritt nun ein Störfall auf und Strom fließt anstelle über den Neutralleiter „N“ über Erde „PE“ zurück, entsteht eine Differenz zwischen den zum Verbraucher fließenden Ströme (über die aktiven Leiter „L“, oder „L1“, „L2“ und „L3“) zu den noch über den Neutralleiter „N“ zurückfließenden Ströme vom Verbraucher - durch den Summenstromwandler. In diesem Szenario hebt das Magnetfeld sich nicht auf. Der Strom, welcher in die Auslösespule des Fehlerstromschutzschalters induziert wird - ist proportional zum Fehlerstrom und führt durch Erregung des Auslöserelais des Fehlerstromschutzschalters - zur Auslösung und Unterbrechung der durch den Fehlerstromschutzschalter geschützten Stromkreise.

 

Normative Integration

 

Der Einsatz von Fehlerstromschutzschaltern in gebäudetechnischen Anlagen findet sich bereits gemäß der DIN VDE 0100-701:2008-10 (2018 novelliert) seit dem 01.05.1984 wieder. Hier galt verpflichtend für Neubauten die Integration von Fehlerstromschutzschaltern in „Räumen mit Badewanne oder Dusche“, - mit Ausnahme eines festangeschlossenen Warmwasserbereiters.

Seit 01.02.2009 besteht gemäß der DIN VDE 0100-410:2007-06 (Übergangsfrist seit 1997-01) in Abschnitt 411.3.3 die Verpflichtung für neuerrichtete Anlagen, dass Steckdosenstromkreise welche für die Benutzung durch Laien sowie zur allgemeinen Verwendung Nutzung finden, bis 20 A mit einem Fehlerstromschutzschalter (<30mA Bemessungsdifferenzstroms) auszustatten. 

Mit der Neufassung der DIN VDE 0100-410:2018-10 sowie der DIN VDE 0100-530:2018-06 welche mit einer Übergangsfrist bis 07.07.2020 im Oktober 2018 in Kraft getreten ist, wurde unter anderem der Bemessungsstrom der Endstromkreise von 20A auf 32A angehoben, - welche durch Fehlerstromschutzschalter zu schützen sind. Weitergehend werden hier nun auch in Wohnungen die Forderung nach Fehlerstromschutz auf die Beleuchtungsstromkreise ausgeweitet.

 

Ergänzend liegt die Forderung gemäß der DIN 18015 zu Grunde, welche zu Vermeidung von Totalausfällen angibt, dass Fehlerstromschutzschalter so anzuordnen sind, dass die Abschaltung eines Fehlerstrom-Schutzschalters nicht zum Ausfall der kompletten Anlage führt.

 

In weiterer Instanz bewerten wir die DIN VDE 0100-530:2018-06, welche in Abschnitt 531.3.2 abbildet, dass die betriebsbedingten Ableitströme - durch unerwünschte Abschaltung von Fehlerstromschutzschaltern vom 0,4-fachen Bemessungsfehlerstromfaktor auf den 0,3-fachen Bemessungsfehlerstromfaktor reduziert wurden.

Demnach liegen bei einem Bemessungsdifferenzstroms von <30mA, die maximal zulässigen betriebsbedingten Ableitströme bei nur noch 9mA.

 

Die DIN EN 50699 (DIN VDE 0702:2021-06), gibt preis, dass der höchst zulässige Schutzleiterableitstrom für Geräte der Schutzklasse 1, 3.5 mA nicht zu übersteigen hat. Für Heizgeräte gilt 1 mA/kW, mit höchstens 10 mA. 

 

In der Praxis bedeutet dies die Integration von maximal 6 Leitungsschutzschaltern, hinter jedem 4-poligen Fehlerstromschutzschalter, und 2 Leitungsschutzschalter hinter einem 2-poligen Fehlerstromschutzschalter.

 

Übersicht der Typen von Fehlerstromschutzschaltern

Nachfolgende Auflistung zu den unterschiedlichen Typen der Fehlerstromschutzschalter. Die gängigsten sind:

 

Typ A: (wird am häufigsten eingesetzt)

Erfassung von pulsierenden Gleichfehlerströmen.

 

Typ F:

Erfassung von pulsierenden Gleichfehlerströmen, Erfassung von Fehlerströmen, als Gemisch unterschiedlicher Frequenzen bis zu 1 kHz. 

 

Typ B:

Erfassung von pulsierenden Gleichfehlerströmen, Erfassung von Fehlerströmen, als Gemisch unterschiedlicher Frequenzen bis zu 1 kHz, Erfassung von glatten Gleichfehlerströmen.

 

Typ B+: (Einsatz für den vorbeugenden gehobenen Brandschutz)

Erfassung von pulsierenden Gleichfehlerströmen, Erfassung von Fehlerströmen, als Gemisch unterschiedlicher Frequenzen bis zu 1 kHz, Erfassung von glatten Gleichfehlerströmen, Erfassung von sinusförmigen Wechselströmen für Frequenzen bis 20 kHz.

 

Wartung und Prüfung

Fehlerstromschutzschalter ähnlich wie alle anderen Schutzeinrichtungen und Betriebsmittel können altersbedingt verschleißen, durch Fremdeinwirkung direkt oder indirekt beschädigt werden und dadurch ihren bestimmungsgemäßen Einsatz - nicht mehr gewährleisten. 

Um eine solche Fehlfunktion ermitteln zu können geben Gerätehersteller in der Regel einen Testintervall von allen 6 Monaten an. Der Test umfasst hier die Betätigung der Prüftaste auf der Gerätefrontseite. Hierbei wird zwischen einem Außenleiter der Netzeinspeiseseite und dem Neutralleiter des Verbraucherabgangs ein Prüfwiderstand aktiviert, welcher bei ordnungsgemäßer Funktion - zur Auslösung des Fehlerstromschutzschalters führen muss

 

Die DGUV Vorschrift 3 gibt in §5 Absatz 1 ebenfalls an, „Unternehmer haben dafür zu sorgen, dass elektrischen Anlagen und Betriebsmittel auf ihren ordnungsgemäßen Zustand geprüft werden“ – (Quelle: DGUV §5 Abs.1). 

„In den zugehörigen Durchführungsanweisungen wird in der Tabelle 1A zur Wiederholungsprüfung der einwandfreien Funktion von Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCD) die Betätigung der Prüfeinrichtung (Prüf- oder Testtaste) empfohlen. Je nach Einsatzbereich alle 6 Monate oder arbeitstäglich.“  – (Quelle: DGUV §5 Abs.1).

 

Die Prüfung nach DIN VDE 0100-600 sowie DIN VDE 0105-100 sieht hier die messtechnische Funktionsfeststellung durch eine Elektrofachkraft vor. Die Betätigung der Prüftaste alleine - genügt hier nicht.

 

Resümee

Die gebotene Relevanz zur Integration von Fehlerstromschutzschaltern in unseren Stromkreisen, zur Erlangung eines geeigneten Personenschutzes ist unumstritten sichtbar. Die Vielzahl an normativen Vorgaben und Empfehlungen können in der Praxis oftmals zu Verunsicherung führen, denn eine Empfehlung ist nicht gleich als Vorgabe zu werten. Der Autor empfiehlt an dieser Stelle stets neben den normativen Vorgaben, ebenfalls für Wartungs- und Prüfarbeiten die DGUV sowie die Vorgaben nach Anlagenerrichtung zum jeweiligen Zeitpunkt der Anlagenerrichtung in die Bewertung zu integrieren.

 

Literaturverzeichnis

  • DIN VDE 0100-701:2008-10
  • DIN VDE 0100-410:2007-06 Abschnitt 411.3.3
  • DIN VDE 0100-410:2018-10
  • DIN VDE 0100-530:2018-06
  • DIN 18015
  • DIN VDE 0100-530:2018-06 Abschnitt 531.3.2
  • DIN EN 50699 (DIN VDE 0702:2021-06)
  • DGUV V3; §5 Abs. 1
  • DIN VDE 0100-600
  • DIN VDE 0105-100